Balance zwischen familiärem und beruflichem Leben
Juni 26, 2019
Die noch immer weit verbreitete Ansicht in der heutigen Geschäftswelt ist, dass unangenehme Gedanken und Gefühle keinen Platz im Berufsalltag haben. Probleme sind nicht gern gesehen. Besonders für Führungskräfte gilt, dass sie gelassen, optimistisch und vor allem immer da sein sollen. Aber das widerspricht der menschlichen Natur und ist ungesund, sowohl für die Unternehmenskultur als auch für alle anderen Bereiche im Leben. Es führt zu Stress, Missverständnissen, Missinterpretationen, Ineffektivität und Demotivation. Es geht doch vielmehr darum, einen Weg aus der selbstgestellten Falle unausgesprochener Erwartungen, Annahmen und Ambitionen zu finden, die zu negativen Gefühlen und Gedanken führen, um dann im Einklang mit seinen Zielen, Absichten und Überzeugungen zu handeln.
Anne beispielsweise, Mutter von drei kleinen Kindern, Führungskraft und vier Tage pro Woche im Unternehmen beschäftigt, nahm (nicht zum ersten Mal) an ihrem freien Tag an einer 90-minutigen, sehr wichtigen Telefonkonferenz teil. Ihr Vorgesetzter hatte sie Vortags eingeladen und sie wagte es nicht, sie abzusagen. Mit schlechtem Gewissen schloss sie sich ins Badezimmer ein, immer auf der Hut, dass ihre Kinder nicht zu hören waren. Sie kämpfte mit dem Anspruch, eine tadellose Führungskraft und gleichzeitig eine gute Mutter zu sein, die für ihre Kinder da ist, vor allem an ihrem freien Tag. Da sie der Meinung war, dass dieser Zielkonflikt und diesbezügliche Themen kein Platz im Beruf fanden, verleugnete sie sich und ihre Familie tagtäglich im Berufsalltag, bis sie erkannte, dass dieses Verhalten und diese Einstellung weder am Arbeitsplatz noch zu Hause zielführend waren. Mutig suchte sie das klärende Gespräch mit ihrem Vorgesetzten und schließlich fanden sie eine für beide Seiten akzeptable Lösung. Fortan konnte sie die Führungskraft sein, die sie sein wollte und gleichzeitig profitierten ihre Kinder von ihrer vollen Aufmerksamkeit, wenn sie zu Hause war. Anne konnte seit Monaten endlich wieder gut schlafen.
Inzwischen wissen wir, dass Erfüllung und Zufriedenheit in unserem persönlichen Leben nicht dadurch entstehen, dass wir das tun, was andere Leute für das Richtige halten. Wir sollten unsere Handlungen mehr auf unsere tiefsten Werte und Überzeugungen ausrichten. Das Gleiche gilt jedoch auch für unsere Arbeit. Während es üblich ist, bestimmte Einschränkungen im Austausch für eine entsprechende Gehaltszahlung zu akzeptieren, ist die Beschäftigung jedoch keine Sklaverei, und die Mitarbeiter sind kein Gut. Mittels emotionaler Intelligenz und der Nutzung entsprechender Methoden könnt ihr euer Berufsleben selbst gestalten, anstatt sich davon zum Teil negativ beeinflussen zu lassen.
Es fängt damit an, sich seiner Gefühle und Gedanken bewusst zu werden, sich ihnen zu stellen und sie zu benennen. Gefühle und Gedanken sind das, was sie sind, einfach nur Gefühle und Gedanken, sie sind nicht euer Schicksal. Dann gilt es Distanz zu schaffen, herauszufinden, was euch wichtig ist und was ihr wollt. Anschließend fangt ihr an, eure Situation zu optimieren, indem ihr Maßnahmen ergreift, die praktikabel sind und euch langfristig dienen werden, eure Ziele zu erreichen und so zu arbeiten und zu leben, wie ihr es euch vorstellt.